„Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Das schrieb Friedrich Nietzsche in „Jenseits von Gut und Böse“

Friedrich Nietzsches berühmte Worte „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird“ enthalten eine tiefe Weisheit über die Bedeutung von Selbstreflexion für dich. Wenn du dich ausschließlich auf die negativen Aspekte des Lebens oder der Menschheit konzentrierst, besteht die Gefahr, dass du selbst von dieser Dunkelheit korrumpiert wirst.

Der zweite Teil des Zitats „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“ unterstreicht dies noch einmal bildlich. Indem du deinen Fokus ausschließlich auf die finsteren Seiten des Daseins richtest, riskierst du, dass diese zerstörerischen Kräfte beginnen, auch in dir selbst zu wirken. Du kannst das, worauf du deine Aufmerksamkeit ausrichtest, nicht völlig von dir fernhalten.

Um dieser Falle zu entgehen, ist Selbstreflexion für dich unabdingbar. Du musst in der Lage sein, einen Schritt zurückzutreten und deinen eigenen Geisteszustand, deine Motivation und Perspektive zu hinterfragen. Entwickelst du selbst zunehmend zerstörerische oder unkonstruktive Tendenzen? Treiben dich Wut, Hass oder übermäßiger Zynismus an? Dann ist es an der Zeit innezuhalten.

Eine Möglichkeit, dieser Aufmerksamkeitsspirale zu entkommen, ist es, dein inneres Resonanzfeld zu erweitern. Anstatt deinen Fokus zu verengen, kannst du versuchen, ein breiteres Spektrum an Empfindungen und Perspektiven in dir aufzunehmen – das Schöne und Inspirierende genauso wie die Schattenseiten. Indem du dein Bewusstsein für die gesamte Bandbreite des Menschlichen schärfst, wirst du weniger anfällig dafür, in der Negativität verhaftet zu bleiben.

Ebenso wichtig ist es, dass du auf die äußeren Entsprechungen achtest – die Umgebungen, Menschen und Aktivitäten, mit denen du dich umgibst. Welche Einflüsse nimmst du auf dich selbst wahr? Ziehst du automatisch mehr von dem an, was dein bereits bestehendes Weltbild bestätigt? Ein gesunder Ausgleich, bei dem du regelmäßig neue Perspektiven und Inspirationen zulässt, kann hier Wunder wirken.

Selbstreflexion ist ein ständiger Prozess, bei dem du wachsam darauf achten musst, was du in dir selbst nährst. Nietzsches Rat ist auch heute noch von unschätzbarem Wert dabei, dich davor zu bewahren, in Zyklen der Negativität und Zerstörung zu verfallen. Durch einen ausgewogenen, achtsamen Blick auf dich selbst und die Welt um dich herum kannst du hoffen, das Mitgefühl und die Integrität zu bewahren, die dich wirklich menschlich machen.

Eine Methode zur täglichen Selbstreflexion

Angesichts der großen Weisheit in Nietzsches Warnung kann eine regelmäßige Praxis der Selbstreflexion sehr hilfreich für dich sein. Hier ist eine einfache Methode, die du täglich anwenden kannst:

  1. Finde einen ruhigen Ort und nimm dir 10-15 Minuten Zeit für dich selbst. Mache es dir bequem, atme ein paar Mal tief durch.
  2. Reflektiere über deine inneren Gedanken und Gefühle an diesem Tag. Worauf lag dein Hauptfokus? Welche Themen, Ereignisse oder Begegnungen beschäftigten dich besonders? Zeichne sanfte Aufmerksamkeit dafür, ob deine Perspektive eventuell von negativen Mustern wie Ärger, Zynismus oder Verzweiflung gekennzeichnet war.
  3. Frage dich: „Blickte ich heute zu lange in einen Abgrund?“. Konzentrierte sich deine Aufmerksamkeit übermäßig auf finstere, zerstörerische oder unkonstruktive Aspekte – in den Nachrichten, sozialen Medien, Gesprächen oder deiner eigenen Gedankenwelt?
  4. Suche nun bewusst nach Gegenkräften – Momenten von Schönheit, Inspiration oder Mitgefühl, die du heute erlebt hast. Vielleicht ein aufrichtiges Gespräch, eine Naturerfahrung, eine kreative Leistung. Lass diese positiven Aspekte für einen Moment voll auf dich wirken.
  5. Überlege, wie du dein „inneres Resonanzfeld“ für mehr Ausgewogenheit öffnen kannst. Welche Bücher, Musik, Aktivitäten oder Menschen könnten dir neue Perspektiven und Inspiration bringen?
  6. Mache dir eine konkrete Vorsatz für den nächsten Tag, wie du destruktive Gedankenmuster abfangen und deinen Fokus erweitern kannst – auf Dinge, die Hoffnung, Kreativität und Mitgefühl nähren.

Diese kurze tägliche Routine kann dabei helfen, dass du auf dem Pfad der Achtsamkeit und Ausgewogenheit bleibst. Sie erlaubt dir, selbstreflektiert auf Warnsignale zu achten und Kurskorrekturen vorzunehmen, bevor du zu tief in Abgründe versinkst.​​​​​​​​​​​​​​​​

© Massimiliano A. Caputo 2024